Zur Dauer der Garantie im kolumbianischen Kaufrecht
Wenn in Kolumbien ein Verbraucher ein neues Produkt von einem Unternehmer kauft (Verbrauchsgüterkauf), kann der Verbraucher grundsätzlich Gewährleistung (garantía legal) verlangen, sollte sich das gekaufte Produkt als mangelhaft erweisen.
Je nach Art des gekauften Produkts gibt es unterschiedlich lange Gewährleistungsfristen. Im deutschen Kaufrecht ist die Rechtslage einfacher: Grundsätzlich zwei Jahre Gewährleistung nach Übergabe der Kaufsache.
Länge der Gewährleistungsfristen
Das kolumbianische Kaufrecht baut auf folgender Verweisungsnorm auf: „Die Dauer der Gewährleistungsfrist ergibt sich aus dem Gesetz oder wird durch die zuständige Behörde festgelegt.“ (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 des Verbraucherschutzgesetzes, Estatuto del Consumidor = Ley 1480 de 2011).
Mit der „zuständigen Behörde“ ist die Verbraucherschutzbehörde Superintendencia de Industria y Comercio (SIC) gemeint, die befugt ist, untergesetzliche Normen (sogenannte circulares = wortwörtlich „Rundschreiben“) zu den Gewährleistungsfristen für bestimmte Arten von Produkten zu erlassen.
Sofern eine spezielle Gewährleistungsfrist weder durch gesetzliche Vorschriften noch durch die SIC bestimmt ist, gilt nach Art 8 Abs. 1 Satz 2 Estatuto del Consumidor „die vom Hersteller oder Verkäufer bestimmte Gewährleistungsfrist“.
Somit besteht für Produkte, deren Gewährleistungsfrist weder gestetzlich noch durch die SIC bestimmt ist, eine Schutzlücke zulasten der Verbraucher. Denn das Estatuto del Consumidor verlangt keine Mindestgewährleistungsfrist für solche Produkte. Die entsprechende Frist bleibt im Wesentlichen dem Ermessen des Herstellers bzw. des Verkäufers überlassen.
Das Gesetz spricht übrigens in einem Atemzug von Hersteller und Verbraucher, weil der Verbraucher nach kolumbianischem Kaufrecht von beiden, d.h. entweder vom Hersteller oder vom Verbraucher, Gewährleistung verlangen kann (Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Estatuto del Consumidor). Dies wiederum ist ein Vorteil für Verbraucher, da sie auch gegen den Hersteller vorgehen können (im Gegensatz zum deutschen Kaufrecht, wo grundsätzlich nur der Verkäufer gewährleistungspflichtig ist, außer der Hersteller hat auf freiwilliger Basis eine Garantieerklärung abgegeben).
Der Lauf der Gewährleistungsfrist beginnt mit der Übergabe der Kaufsache an den Verbraucher (Art. 8 Abs. 1 Satz 3 Estatuto del Consumidor).
Sollte die Frist im Einzelfall nicht gesetzlich bestimmt sein und der Händler sich auch nicht zur Gewährleistungsfrist geäußert haben, so gilt nach der Auffangregel des Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Estatuto del Consumidor eine Gewährleistungsfrist von einem Jahr.
Für welche Produkte sehen das Gesetz oder die SIC konkrete Gewährleistungsfristen vor?
Immobilien: Die Gewährleistung bei Immobilien ist durch Art 8 Abs. 5 Estatuto del Consumidor i.V.m. Art. 13 der Rechtsverordnung 735/2013 (Decreto 735 de 2013) im Einzelnen bestimmt (vorausgesetzt, ein Verbraucher kauft eine Immobilie von einem Unternehmer, z. B. einem Bauträger – die zwingenden Gewährleistungsvorschriften gelten nämlich beim Kauf von einem Privatverkäufer nicht).
Beim Immobilienkauf sind zwei Gewährleistungsfristen zu unterscheiden: die allgemeine Gewährleistungsfrist (garantía legal de los acabados y las líneas vitales), die ein Jahr beträgt, und die 10-jährige Gewährleistungsfrist in Bezug auf die Stabilität des Bauwerks (garantía de estabilidad de la obra).
Für andere bestimmte Konsumgüter sieht die von der SIC erlassene Circular Única (einheitliches Rundschreiben) spezifische Garantiefristen vor.
So beträgt die Gewährleistung bei Pkw grundsätzlich zwölf Monate bzw. gilt sie für eine Fahrleistung von bis zu 20.000 km (je nachdem, was zeitlich früher zutrifft). Bei Motorrädern beträgt sie sechs Monate bzw. gilt sie für eine Fahrleistung von bis zu 6.000 km.
Gewährleistung bei Elektroartikeln
Bzgl. der praktisch wichtigen Gruppe electrodomésticos (das heißt im Haushalt verwendete Elektrogeräte, wie z. B. Waschmaschine, Kühlschrank, Fernseher, Computer) bestimmt die Circular Única (in Punkt 1.2.8.2.4.) eine grundsätzliche Gewährleistungsfrist von zwölf Monaten. Sie eröffnet dem Händler aber auch die Möglichkeit, mit dem Verbraucher eine kürzere Frist zu vereinbaren, sofern er den Verbraucher vor dem Kauf auf die Dauer der Frist ausdrücklich hingewiesen hat.
Hier liegt das Problem. Denn der Käufer, der in der Regel einer großen Kette oder einem Versandhändler gegenübersteht, hat praktisch keine Möglichkeit, über die Länge der Gewährleistungsfrist zu diskutieren.
Die Círcular Única sieht auch kein Minimum für die Dauer der Gewährleistungsfrist vor. Somit kann der Händler die Frist theoretisch auf etwa einen Monat beschränken.
Auf der anderen Seite ist dem Händler von einer sehr weitgehenden Verkürzung der Gewährleistungsfrist abzuraten, da eine solche Bestimmung in einem Verbraucherschutzverfahren vor der SIC als missbräuchlich qualifiziert und damit für unwirksam erklärt werden könnte.
Handelsüblich und juristisch wasserdicht werden bei electrodomésticos in der Regel Verkürzungen der Gewährleistung auf drei Monate sein.
In einem solchen Fall ist es dem Verbraucher – insbesondere bei teuren Anschaffungen fehleranfälliger Produkte (z.B. Laptops) – zu empfehlen, eine kostenpflichtige Garantieverlängerung (garantía suplementaria) zu erwerben. Die meisten Händler bzw. Hersteller bieten solche kostenpflichtigen Zusatzgarantien an.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Verbrauchsgüterkauf in Kolumbien im Vergleich zum deutschen Recht eher unternehmerfreundlich als verbraucherfreundlich sind.