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Kolumbianische Regierung plant Einschränkungen beim unión libre Visum

20. Februar 2022

Die kolumbianische Regierung plant, den Erhalt eines Visums über eine eingetragene Partnerschaft (unión marital de hecho, umgangssprachlich meist "unión libre" genannt) zu erschweren. Dies geht aus einem Ende Dezember 2021 vorgelegten Resolutionsentwurf des kolumbianischen Außenministeriums zur Neufassung der Visumsvorschriften hervor.

Unter den (noch) geltenden Visumsvorschriften (Resolución 6045 de 2017 del Ministerio de Relaciones Exteriores de Colombia) steht das unión libre Visum einem Ehegattenvisum (visa de cónyuge) gleich. Das Außenministerium plant nun deutliche Einschränkungen in Bezug auf den Erhalt des unión libre Visums, dessen Gültigkeitsdauer und Rechtsfolgen.

Folgende Änderungen sind geplant:

  • Im Gegensatz zur aktuellen Rechtslage sind nach dem Resolutionsentwurf das Ehegattenvisum und das unión libre Visum nicht mehr in einem Visumstyp vereint, derzeit einheitlich "visa de migrante por vínculo marital", sondern sollen in zwei verschiedene Visumstypen aufgesplittet werden - Ehegattenvisum (visa M cónyuge) und unión libre Visum (visa M compañero permanente de nacional colombiano).
  • Nach der geltenden Rechtslage ist es - zumindest theoretisch - möglich das unión libre Visum unmittelbar nach der offiziellen Registrierung der Partnerschaft zu beantragen. Die Registrierung erfolgt meist bei einem kolumbianischen Notar oder einer offiziellen Schlichtungsstelle (Centro de Conciliación). Nach dem Resolutionsentwurf muss nach der Registrierung ein (1) Jahr gewartet werden, bevor das unión libre Visum beantragt werden kann.
  • Der kolumbianische Partner bzw. die kolumbianische Partnerin muss schriftlich versichern, dass er bzw. sie mit dem ausländischen Partner zumindest seit Registrierung der Partnerschaft dauerhaft und ununterbrochen unter einem Dach zusammengelebt hat. Die Adresse, an der das Paar zusammenlebt, ist explizit zu nennen. Außerdem muss sich der kolumbianische Partner schriftlich verpflichten, das kolumbianische Außenministerium im Falle einer Trennung sofort zu unterrichten.
  • Das kolumbianische Außenministerium ist berechtigt, Vorlage von Beweisen zu verlangen, um das tatsächliche, dauerhafte Zusammenleben zu überprüfen. In Betracht kommen insbesondere gemeinsame Fotos, gemeinsame Hotelrechnungen, Flugtickets von gemeinsamen Reisen, gemeinsame Mietverträge etc. Das Ministerium kann zudem persönliche Interviews und Videokonferenzen ansetzen und telefonische Rückfragen stellen, um sich zu vergewissern, dass eine echte Partnerschaft besteht.
  • Sowohl der kolumbianische als auch der ausländische Partner müssen jeweils eine von der kolumbianischen Ausländerbehörde erstellte Migrationsbescheinigung (certificado de movimientos migratorios) einreichen, aus der sich ergibt, an welchen Daten sie nach Kolumbien in den letzten fünf Jahren ein- und ausgereist sind. Sollte das Ministerium anhand dieser Bescheinigungen feststellen, dass die Partner sich über weite Zeiträume in verschiedenen Staaten aufgehalten haben, wird es entsprechende Rückschlüsse ziehen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass das kolumbianische Recht keine "Fernbeziehungen" anerkennt. Eine "unión libre" setzt rechtlich ein physisches und dauerhaftes Zusammenleben "unter einem Dach" voraus.
  • Auch die Gültigkeitsdauer des unión libre Visums soll deutlich reduziert werden. Während das Ehegattenvisum in der Regel für einen Zeitraum von zwei oder drei Jahren erteilt wird, soll das unión libre Visum nach den neuen Vorschriften nur noch für maximal ein Jahr gültig sein. Eine Neubeantragung des unión libre Visums alle zwölf Monate kurz vor dessen Ablauf ist zwar möglich, aber entsprechend umständlich (und jedes Mal mit Kosten, sprich offiziellen Visumsgebühren, verbunden).
  • Eine bedeutsame Einschränkung findet sich auch im Hinblick auf die Anwartschaft auf die kolumbianische Daueraufenthaltserlaubnis (visa de residente). Während das Ehegattenvisum gegenwärtig schon nach zwei Jahren zur Beantragung der Daueraufenthaltserlaubnis berechtigt (nach dem Resolutionsentwurf fortan drei Jahre), soll das unión libre Visum nach dem Resolutionsentwurf erst nach fünf Jahren zur Beantragung der Daueraufenthaltserlaubnis berechtigen. Und auch dies gilt nur, wenn der jeweilige Ausländer fünf Jahre ununterbrochen im Besitz von unión libre Visa war, d.h. die Visa nahtlos ineinander übergegangen sind, d.h. ohne zwischenzeitlich in den Touristenstatus gewechselt zu sein.

Fazit: Sollte der Resolutionsentwurf mit dem bekannten Inhalt in Kraft treten, wird das unión libre Visum deutlich an Attraktivität verlieren und vor allem keine stabile und kurzfristige Grundlage mehr für den Erwerb der Daueraufenthaltserlaubnis sein. Genau darum geht es offenbar der kolumbianischen Regierung, die sich u.a. aufgrund von Scheinpartnerschaften und damit einher gehenden Visumserschleichungen zu den genannten Verschärfungen veranlasst sieht.