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Das Widerrufsrecht beim Onlineshopping in Kolumbien

20. April 2020

Wer als Verbraucher von einem kolumbianischen Unternehmen Ware im Internet kauft (Fernabsatzvertrag), beispielsweise eine Waschmaschine oder einen Fernseher, kann ähnlich wie in Deutschland auch in Kolumbien innerhalb einer bestimmten Frist den Vertragsschluss widerrufen.

Das kolumbianische Verbraucherschutzgesetz (Ley 1480 de 2011, besser bekannt als Estatuto del Consumidor) sieht in Art. 47 das Verbraucherwiderrufsrecht (derecho de retracto) vor.

Voraussetzung für das Entstehen des Verbraucherwiderrufsrechts ist, dass der Vertragsschluss (bzw. Vertrag im Internet über die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung) in einer gesetzlich definierten speziellen Situation zustande kommt, u.a. Haustürgeschäfte, Time-Sharing-Verträge, Vertragsabschlüsse am Arbeitsplatz etc. Der Gesetzgeber hält den Verbraucher in solchen Konstellationen für besonders schutzwürdig.

Der praktisch relevanteste Fall für das Entstehen eines Verbraucherwiderrufsrechts ist der Kauf von Waren im Internet.

Das Verbraucherwiderrufsrecht besteht innerhalb eines Zeitraums von fünf Tagen nach Erhalt der Ware. Wer in dieser Zeit den Kaufvertrag bereut, kann gegenüber dem Verkäufer grund- und formlos den Vertragsschluss widerrufen. Nach fristgemäßem Widerruf ist der Verkäufer ist verpflichtet, den bestellten Artikel zurückzunehmen und den Kaufpreis innerhalb von 30 Kalendertagen zurückzuerstatten.

Das Estatuto del Consumidor legt fest, dass der Verkäufer nach Ausübung des Widerrufs keine Abzüge bei der Rückerstattung des Kaufpreises vornehmen darf.

In der Praxis kommt es vor, dass Versandhändler versuchen, nach einem Widerruf die Versandkosten auf den Käufer (Verbraucher) abzuwälzen. Dies ist erlaubt, wenn der Verkäufer die Höhe der Versandkosten in seiner Rechnung konkret beziffert hatte.

Wenn sich der Verkäufer weigert, den Widerruf anzuerkennen oder den Kaufpreis vollständig oder teilweise einbehält, hat der Verbraucher die Möglichkeit, gegen den Verkäufer mit einer Verbraucherschutzklage vorzugehen (acción de protección al consumidor). Diese Klage ist bei der Superintendencia de Industria y Comercio (SIC) einzureichen, der kolumbianischen Verbraucherschutzbehörde.

Die SIC ist eine Verwaltungsbehörde, die zudem für bestimmte gesetzlich abschließend definierte Bereiche die Funktion eines Richters hat, darunter die Verbraucherschutzklagen.

Die SIC kann den Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises und ggf. Schadensersatz verurteilen. Außerdem kann die SIC Bußgelder (sanciones pecuniarias) verhängen.

Die Obergrenze des Bußgelds im Zusammenhang mit dem Verbraucherwiderrufsrecht beträgt 150 monatliche Mindestlöhne, derzeit (Stand 2020) insgesamt COP $131.670.450.

Aus Sicht des Unternehmens ist nach Einleitung eines Verbraucherschutzverfahrens oft ein Vergleich (conciliación) mit dem Verbraucher sinnvoll. Der Vergleich führt dazu, dass die SIC kein Bußgeld mehr verhängen darf (Art. 58 Nr. 10 letzter Satz Estatuto del Consumidor).

Im E-Commerce tätige Unternehmen sollten die Gefahren und Unannehmlichkeiten eines Verbraucherschutzverfahrens vor der SIC nicht unterschätzen. Diesen Unternehmen sollten von Vornherein eine unternehmensinterne Politik etablieren, die eine angemessene Reaktion auf Anfragen von Verbrauchern gewährleistet und die Anzahl von Verfahren, die bei der SIC landen, minimiert.