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Geldwäsche und Compliance in Kolumbien

20. April 2020

Dem globalen Trend folgend hat der kolumbianische Staat eine Reihe von Vorschriften zur Prävention von Geldwäsche in der Privatwirtschaft erlassen. Nach diesen Vorschriften soll die Privatwirtschaft in die Prävention von Geldwäsche eingebunden werden, vor allem durch die Einführung sogenannter Compliance-Programme. Diese Programme bestehen aus einem speziell auf das jeweilige Unternehmen abgestimmten Paket von Maßnahmen und Richtlinien, welche die internen Unternehmensabläufe so gestalten sollen, dass Geldwäsche unterbunden oder zumindest erheblich erschwert wird.

Die für kolumbianische Unternehmen (und ausländische Unternehmen mit kolumbianischen Niederlassungen) wichtigste Vorschrift ist das zehnte Kapitel des externen Rundschreibens (Circular Básica Jurídica) Nr. 100-000005 vom 22. November 2017 der Superintendencia de Sociedades, der kolumbianischen Aufsichtsbehörde für Unternehmen.

1) Was ist Geldwäsche?

Geldwäsche bedeutet, dass auf illegalem Wege erworbenes Geld („schmutziges Geld“) in den regulären Wirtschaftskreislauf eingeführt wird. Damit wird der illegale Ursprung des Geldes verschleiert und der Besitzer des Geldes erwirbt den Anschein eines „ordentlichen Geschäftsmannes“.

Oft werden zur Verschleierung Strohmänner eingesetzt, das Geld ins Ausland transferiert und es werden komplizierte gesellschaftsrechtliche Konstrukte benutzt, sowie eine Vielzahl aufeinanderfolgende Transaktionen durchgeführt, um die Ermittlung des Ursprungs des Geldes zu erschweren. Als Ausgangsdelikte für Geldwäsche kommt eine Vielzahl von Straftaten in Betracht, zum Beispiel Erpressung, Zuhälterei, Menschen- und Drogenhandel.

Geldwäsche wird oft im Kontext mit dem Phänomen Terrorismusfinanzierung genannt. Im Gegensatz zur Geldwäsche ist bei der Terrorismusfinanzierung der Ursprung des Geldes legal. Allerdings dient die Verwendung des Geldes bei der Terrorismusfinanzierung einem illegalen Zweck, zum Beispiel wenn die Einnahmen eines Transportunternehmens dazu verwendet werden, dem Militär vorbehaltene Schnellfeuerwaffen zu erwerben.

2) Screening von Kunden und Geschäftspartnern notwendig

Die Tage, in denen illegal erworbenes Geld relativ einfach auf Bankkonten deponiert werden konnte, sind in Kolumbien gezählt. Seit Anfang der 90er Jahre sind die kolumbianischen Finanzinstitute verpflichtet, sich an ein bestimmtes Regelwerk zur Verhütung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu halten (sogenanntes Sistema de Administración del Riesgo de Lavado de Activos y de Financiación de Terrorismo, kurz SARLAFT). Die damit einhergehenden Kundenüberprüfungen bei Kontoeröffnungen und Nachforschungen zum legalen Ursprung des Geldes haben den Finanzsektor zunehmend unattraktiv für die Anlage „schmutzigen Geldes“ gemacht.

Folglich kam es zu einer Verlagerung vom Finanzsektor auf den privaten Sektor. Die Drogenkartelle investierten ihr Geld in Immobilien, in Unternehmensbeteiligungen, Edelmetalle oder gar – wie im Fall des Cali-Kartells – in den Kauf ganzer Fußballclubs.

Damit korrespondiert eine Gefahr für „saubere“ Unternehmen der Privatwirtschaft, die mit „schmutzigem Geld“ anderer Unternehmen in Berührung kommen. Zum Beispiel können Bauunternehmen, Autohändler oder Juweliere dazu benutzt werden, das „schmutzige“ Geld ihrer Kunden in saubere Wirtschaftsgüter umzuwandeln.

Redlichen Unternehmen droht nicht nur ein Reputationsverlust, wenn publik wird, dass sie „mit der Mafia Geschäfte gemacht haben“. Es drohen zudem strafrechtliche Ermittlungen. Der kolumbianische Straftatbestand der Geldwäsche hat einen weiten Anwendungsbereich. Schließlich können im Zuge der Geldwäsche erworbene Wirtschaftsgüter – wie etwa mit „schmutzigem Geld“ erworbene Immobilien - vom kolumbianischen Staat beschlagnahmt und enteignet werden (extinción de dominio)

3) Anwendungsbereich des externen Rundschreibens der Superintendencia de Sociedades

Das eingangs zitierte Kapitel 10 des Rundschreibens der Superintendencia de Sociedades verpflichtet bestimmte Unternehmen, ein Compliance-Programm zur Vorbeugung von Geldwäsche aufzustellen. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die bestimmten Branchen angehören (zum Beispiel Baubranche, Bergbau, Kfz-Handel, etc.) und deren Jahreseinkünfte bestimmte Schwellenwerte überschreiten.

Die Superintendencia de Sociedades überwacht diese Unternehmen im Hinblick auf die effektive Einrichtung der entsprechenden Präventionsmechanismen. Falls kein effektives Compliance-Programm existiert, kann die Superintendencia de Sociedades Bußgelder verhängen.

Auch wenn im Einzelfall die Einführung eines Compliance-Programms gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben ist, so ist gerade Unternehmen, die in sensiblen, für Geldwäsche anfälligen Branchen operieren, die Umsetzung der Vorschriften des Kapitels 10 des Rundschreibens auf freiwilliger Basis zu raten.

4) Inhalt eines Compliance-Programms

Die konkrete Ausgestaltung des Compliance-Programms bleibt im Wesentlichen dem unternehmerischen Ermessen vorbehalten. Es lässt sich keine pauschale Vorlage für ein Standard-Compliance-Programm empfehlen, weil das Programm sich am Geschäftsmodell, an der Größe des Unternehmens, dem Kundenprofil, der individuellen Risikolage und anderen individuellen Faktoren orientieren muss. Es lassen sich aber einige wesentliche Bestandteile festhalten, die im Grundsatz in jedem Compliance-Programm enthalten sein sollten:

  • Es muss eine bestimmte Person im Unternehmen mit der Aufgabe der Geldwäscheprävention beauftragt werden (Compliance Officer).
  • Es sollten Maßnahmen getroffen werden, um die Kunden besser zu kennen, beispielsweise Überprüfung, ob der Kunde sich in internationalen „roten“ Listen befindet, wie etwa der US-amerikanischen „Clinton-Liste“.
  • Der Kunde sollte bei größeren Transaktionen – soweit möglich – den Ursprung des Geldes plausibel machen, mit dem er die vertragliche Gegenleistung bezahlt.
  • Das Unternehmen sollte sich einen – leicht verständlichen – Ethikkodex geben, der den Leitungsorganen und den Angestellten Orientierungshilfen bei der Vermeidung von Geldwäsche bietet.
  • Die Compliance-Politik des Unternehmens und der Ethikkodex sollten von der Unternehmensspitze an die Angestellten kommuniziert werden („tone from the top“).
  • Mitarbeiter in „geldwäschesensiblen Positionen“, zum Beispiel Einkäufer und Manager, sollten regelmäßig geschult und überwacht werden.
  • Das Compliance-Programm muss regelmäßig auf seine Wirksamkeit hin überprüft werden und es ist stets im Sinne neu entdeckter Risikolagen anzupassen.

Fazit:

Compliance-Programme an sich werden das Phänomen der Geldwäsche nicht aus der Welt schaffen. Allerdings verringern sie das Risiko für ein Unternehmen, von Dritten für Geldwäsche benutzt zu werden. Auch wenn es trotz aller Bemühungen zu einem Fall von Geldwäsche im Kontext der unternehmerischen Tätigkeit kommt, vermindert bereits die Tatsache, ein reaktionsschnelles Compliance-Programm zu haben, den Reputationsverlust. Zudem kann das Risiko von strafrechtlichen Konsequenzen und der Verhängung von Bußgeldern damit deutlich gesenkt werden. Nicht zu unterschätzen ist auch die Stärkung der Marke des Unternehmens, wenn es sich einen Ruf als „sauberes Unternehmen“ im Markt aufbaut und damit das Vertrauen der Öffentlichkeit gewinnt.