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Die kolumbianische Finanztransaktionssteuer – „Die Geister, die ich rief...“

20. April 2020

Die kolumbianische Finanztransaktionssteuer wurde im Jahre 1998 zunächst als auf zwei Jahre befristete Steuer zur Bewältigung der damaligen Bankenkrise eingeführt. Mittlerweile hat sich die Finanztransaktionssteuer als fester Bestandteil der kolumbianischen Steuerlandschaft etabliert.

Die Befristung der Finanztransaktionssteuer (gravamen a los movimientos financieros, kurz GMF oder im Volksmund „cuatro por mil“ = „vier-Promille-Steuer“ genannt“) ist über die letzten zwanzig Jahre aus verschiedenen Gründen mehrfach verlängert worden, erstmals im Jahre 1999 aus Anlass des Erdbebens im Departmento Quindío.

Der ursprüngliche Tarif der Finanztransaktionssteuer von 0,2% (dos por mil) wurde im Jahre 2006 auf 0,4% (cuatro por mil) erhöht.

Die Finanztransaktionssteuer wird grundsätzlich auf alle Banktransaktionen erhoben, insbesondere Abhebungen von Spar- und Girokonten, egal ob diese in bar, per Scheck oder durch Überweisungen an Dritte erfolgen. Jeder, der in Kolumbien Geschäfte macht, kommt also früher oder später mit der Finanztransaktionssteuer in Berührung.

Die Bank behält den cuatro por mil bei Auszahlung bzw. Überweisung des entsprechenden Betrages automatisch ein und führt diesen direkt an das Finanzamt DIAN ab.

Der cuatro por mil ist somit eine Quellensteuer (withholding tax), die für den Staat komfortabel ist, denn die Möglichkeiten der Steuerhinterziehung sind beim cuatro por mil gleich Null und die Berechnung und Einzug der Steuer simpel.

Im Zuge der Steuerreform 2014 (Ley 1739 de 2014) legte der kolumbianische Kongress in Artikel 872 des Steuerstatuts (Estatuto Tributario) eine schrittweise Senkung des Tarifs der Finanztransaktionssteuer bis zum Jahr 2021 und deren völlige Abschaffung zum 1. Januar 2022 fest.

Diese schrittweise Abschaffung wurde durch die Steuerreform 2016 (Ley 1819 de 2016) wieder annulliert. Seitdem ist von einer Aufhebung des cuatro por mil keine Rede mehr. Nach der aktuellen Version von Art. 872 Estatuto Tributario gilt Folgendes: „Der Tarif der Finanztransaktionssteuer beträgt 4 Promille (4 x 1.000).“

Den Möglichkeiten, den cuatro por mil in der Praxis zu umgehen, sind äußerst beschränkt.

Inhaber von kolumbianischen Spar- oder Girokonten können eines ihrer Konten vom cuatro por mil befreien lassen.

Der Kontoinhaber muss dazu einen entsprechenden Antrag auf Befreiung (solicitud de exención del cuatro por mil) bei seiner kontoführenden Bank einreichen.

Nur natürliche Personen können von der Befreiung Gebrauch machen, keine juristischen Personen (Unternehmen).

Die Befreiung ist nur dann wirksam, wenn das Transaktionsvolumen des Kontoinhabers in einem bestimmten Kalendermonat unter dem Betrag von 350 steuerliche Werteinheiten (unidades de valor tributario, kurz UVT) bleibt

Eine UVT im Kalenderjahr 2020 beträgt COP $35.607 beträgt. Damit liegt die Schwelle von 350 UVT bei COP $12.462.450.

Überschreiten die monatlichen Verfügungen (einzeln oder zusammengerechnet) diese Freigrenze, so wird Finanztransaktionssteuer auf alle Verfügungen innerhalb des entsprechenden Kalendermonats fällig.

Am Beispiel des kolumbianischen cuatro por mil wird einer der informellen Grundsätze der Steuerpolitik deutlich: „No hay nada más permanente que un impuesto temporal“ („Es gibt keine dauerhaftere Steuer als eine übergangsmäßig eingeführte Steuer“).