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Unterverbriefung beim Immobilienkauf in Kolumbien

23. Januar 2022

Wer in Kolumbien eine Immobilie kauft, sieht sich häufig mit Forderungen der Verkäufer konfrontiert, im notariellen Kaufvertrag einen fiktiven Preis anzugeben, der deutlich unter dem Preis liegt, den die Parteien vereinbart haben (Unterverbriefung). Der Verkäufer beabsichtigt damit, seinen Veräußerungsgewinn zu verschleiern, um weniger Steuern darauf zu zahlen. Oft wird vom Verkäufer behauptet, diese Praxis sei "völlig normal in Kolumbien", sei in Kolumbien "schon immer so gehandhabt" worden oder liege "auch im Interesse des Käufers". Manchmal taucht die Forderung nach Unterverbriefung unmittelbar vor Abschluss des notariellen Kaufvertrags auf, nachdem schon Anzahlungen geflossen sind, was den Käufer in eine unangenehme Lage bringt.

Als Käufer sollte man sich auf eine Unterverbriefung nicht einlassen, aus folgenden Gründen:

  • Seit dem 1. Januar 2019 ist Unterverbriefung in Kolumbien im Zuge der Steuerreform Ley 1943 de 2018 (Ley de Financiamiento) offiziell untersagt. Die Reform hat u.a. Art. 90 des kolumbianischen Steuerstatus (Estatuto Tributario, E.T.) abgeändert hat, der ein eindeutiges Verbot der Unterverbriefung vorsieht.
  • Nach Art. 90 E.T. müssen die Parteien (Verkäufer und Käufer) im notariellen Kaufvertrag (escritura de compraventa) unter Eid (bajo la gravedad de juramento) bestätigen, dass der Preis, den sie im Notarvertrag angeben, der reale Preis ist. Geben die Parteien bewusst einen falschen Preis an, kann dies strafrechtliche Konsequenzen haben.
  • Für den Käufer gibt es meist sowieso keinen sachlichen Grund einer Unterverbriefung zuzustimmen, da die Unterverbriefung in der Regel  im ausschließlichen Interesse des Verkäufers liegt. Die vom Verkäufer im Zuge der Unterverbriefung "gesparte" Steuer auf den Veräußerungsgewinn wird für den Käufer beim künftigen Weiterverkauf an einen Dritten zum Boomerang. Denn Berechnungsgrundlage für die Steuer beim Wiederverkauf ist der offizielle Anschaffungspreis bei Ankauf laut Notarvertrag. Je niedriger der offizielle Anschaffungspreis, desto größer der Veräußerungsgewinn beim Wiederverkauf in der Zukunft - jedenfalls auf dem Papier. Je größer der Gewinn, desto höher die Steuer darauf.
  • Manchmal behaupten Verkäufer (oder Makler), die Unterverbriefung liege auch deshalb im Interesse des Käufers, weil die Angabe des realen Preises zu einem Anstieg der Grundsteuer (impuesto predial) führen würde. Die Grundsteuer wird von den Gemeinden bzw. Städten erhoben, in der die betroffene Immobilie liegt und wird jedes Jahr neu kalkuliert. Richtig ist, dass die Grundsteuer aufgrund von offiziellen Tabellen und Schätzungen (avalúo catastral) berechnet wird. Der Kaufpreis, den die Parteien im Notarvertrag angeben, spielt in diesem Zusammenhang überhaupt keine Rolle.
  • Für ausländische Käufer ist eine Unterverbriefung besonders problematisch, weil bei diesen Unstimmigkeiten drohen zwischen dem offiziell nach Kolumbien eingeführten Geldbetrag und dem Betrag, der im Notarvetrag steht. Dadurch sind Probleme mit Banken und evtl. später bei der Geldausfuhr beim Wiederverkauf vorprogrammiert, neben komplexen steuerlichen Problemen, die durch derartige Unstimmigkeiten verursacht sind. Im schlimmsten Falle kann man in einer solchen Konstellation der Geldwäsche oder Beihilfe zur Steuerhinterziehung beschuldigt werden.
  • Schließlich sollten insbesondere Ausländer, die über den Immobilienkauf ein Investorenvisum erhalten möchten, Unterverbriefung kategorisch ablehnen. Denn relevant für die kolumbianischen Behörden ist stets der im Notarvertrag festgehaltene Preis. Ob in Vorverträgen (insbesondere promesa de compraventa) der reale Preis steht, spielt keine Rolle.

Fazit: Finger weg von der Unterverbriefung. Als Käufer sollte man die Thematik am besten in einem frühen Stadium der Verhandlungen gegenüber dem Verkäufer proaktiv ansprechen. Sonst passiert es manchmal, dass der Verkäufer die Forderung nach Unterverbriefung kurz vor Bezahlung des Kaufpreises erstmals erhebt und bei Ablehnung versucht, den Preis neu auszuhandeln bzw. sich weigert, zum vereinbarten Preis zu verkaufen.